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Ein Bochumer auf Reisen – bald in Rio de Janeiro

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Ehrenamt im Sport lohnt sich: Lehramtsstudent Lars Mittkowski, Judoka vom Budo-Sportclub Linden e.V. 83, reiste mit dem organisierten Sport schon um die halbe Welt. Foto: Andreas Molatta

Auf London, Tokio und Nanjing folgt nun Südamerika! Lars Mittkowski ist wieder unterwegs! Diesmal reist er zu den Paralympics nach Rio de Janeiro – als Betreuer der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ) mit.

Die Wattenscheider Paralympics-Teilnehmer holten sich vor wenigen Tagen im Trainingslager in Kienbaum den letzten Schliff für Rio de Janeiro. Katrin Müller-Rottgardt, Dennis Rill, Uta Streckert und Juliane Mogge sowie Sebastian Fricke, Guide der sehbehinderten Müller-Rottgardt, starten bei den XV. Spielen vom 7. bis 18. September in Rio de Janeiro. Wenn es dann unter dem Zuckerhut losgeht, wird noch ein weiterer Bochumer dabei sein: Lars Mittkowski. Der 23-Jährige darf als Betreuer der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ) ebenfalls die Reise über den Atlantik machen.

Der Bochumer Lars Mittkowski studiert in Essen Germanistik und Sozialwissenschaften auf Lehramt. Außerdem ist der Judoka vom Budo-Sportclub Linden e.V. 83 in seinem Verein als Kinder- und Jugendtrainer engagiert, Vorsitzender der Sportjugend im KSB Ennepe-Ruhr und wurde Ende 2015 in den Jugendvorstand der Sportjugend NRW gewählt. Die Jugendorganisation des Landessportbundes NRW ist der größte Jugendverband in unserem Bundesland.

Wir sprachen mit Lars Mittkowski über die Reise nach Rio.

Herr Mittkowski, wie sind Sie zu dieser tollen Reise nach Rio gekommen?

Ich bin ehrenamtlich in der Sportjugend und im organisiertem Sport aktiv. Darüber bin ich auf die Ausschreibung zum „Deutschen Paralympischen Jugendlager 2016“ der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ) aufmerksam geworden. Nach meinen spannenden Erfahrungen in den letzten Jahren habe ich mich sofort beworben. Es gab über 60 Bewerber. Ich gehöre zu den zehn Kandidaten, die für die Reise ausgewählt wurden. Das ist für mich eine große Ehre. Das Paralympische Jugendlager ermöglicht es Behindertensportlern, die zum Großteil auch ehrenamtlich im Sport als Trainer oder Betreuer aktiv sind, als Teil der deutschen Delegation an den Paralympischen Spielen als Zuschauer teilzunehmen. Auch für die Jugendlichen ist das eine große Sache!

Sie waren schon mehrmals mit dem organisierten Sport in der Welt unterwegs?

Ja, 2012 war ich mit der Sportjugend NRW bei den Olympischen Spielen in London. Dann war ich 2013 in Japan beim 40. Simultanaustausch der Deutschen Sportjugend und 2014 mit der Deutschen Sportjugend in China bei den zweiten Olympischen Jugendspielen in Nanjing. Der organisierte Sport in Deutschland schafft viele Möglichkeiten für junge Engagierte, sich national und international weiterzubilden, neue Kontakte zu knüpfen und Kompetenzen zu erwerben. Das ist auch eine tolle Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit!

Also haben Sie viele interkulturelle Erfahrungen gesammelt, aber jetzt dürften andere Fähigkeiten im Vordergrund stehen, oder?

Ja, das kann man sagen. Wir sind zehn Betreuer, die sich um die 40 Jugendlager-Teilnehmer kümmern. Die Jugendlichen, die wir betreuen, sind zwischen zwölf und 17 Jahre alt. Der Großteil der Teilnehmer hat körperliche Einschränkungen, einige wenige sind geistig behindert. Wir haben in der Gruppe Rollstuhlfahrer, Menschen mit Amputationen und Blinde. Jeder Betreuer ist für eine Kleingruppe von drei bis vier Personen zuständig.

Haben Sie denn schon Erfahrungen im Umgang mit behinderten Menschen sammeln können?

Ja. Mein Verein, der Budo-Sportclub Linden e.V. 83, hat seit vielen Jahren eine eigene Inklusionsgruppe. Dort sind Menschen mit geistigen und körperlichen Einschränkungen dabei, etwa auch Autisten. Diese Gruppe ist vor Jahren von Bernard Wolff, einem vielfach – auch vom Stadtsportbund Bochum – ausgezeichneten Trainer, aufgebaut worden. Auch ich darf nun als Trainer dieser Gruppe auf der Matte stehen.

Wie kann man sich das bei Ihnen im Verein vorstellen: Kämpfen dann auch Behinderte gegen Nichtbehinderte? Gibt es Hemmschwellen, wenn nichtbehinderte Kinder mit behinderten Kindern trainieren sollen? Und wie gehen behinderte Menschen mit sportlichen Niederlagen um – reagieren sie emotionaler?

Hemmschwellen zwischen Behinderten und Nichtbehinderten gibt es eigentlich nicht. Ich beobachte immer wieder, dass die Kinder sehr sensibel und rücksichtsvoll miteinander umgehen. Bei den offiziellen Wettkämpfen werden Behinderte und Nichtbehinderte voneinander getrennt, aber im Vereinstraining kämpfen sie miteinander. Und es ist – egal ob behindert oder nichtbehindert – immer schwierig, mit Niederlagen umzugehen. Gerade durch den Sport lernen die Kinder jedoch, mit Niederlagen umzugehen.

Wann geht es denn los nach Rio, und wo wohnen Sie?

Wir sind vom 4. bis zum 21. September unterwegs und fliegen per Direktflug ab Frankfurt am Main. In der Innenstadt von Rio sind wir in behindertengerechten Apartments untergebracht. Von dort starten wir jeden Tag das Programm. In unserer Gruppe sind acht Rollstuhlfahrer. Wir sind schon informiert worden, dass die Stadt und die Wettkampfstätten weitaus weniger behindertengerecht ausgestattet sein werden als vergleichbare Stätten in Deutschland. Wir haben uns gedanklich auf so manche Treppe vorbereitet.

Wie dürfen wir uns den Aufenthalt in Rio vorstellen: Chillen am Strand der Copacabana und, wenn die Bräune stimmt, noch ein bisschen Sport schauen?

(Lacht) Das wäre nicht schlecht, aber so wird es sicher nicht! Wir werden in kleinen Gruppen unterwegs sein und je nach Vorliebe und Kartenkontingenten mit unseren Schützlingen zum Beispiel die Kanu-Rennen oder eher die Leichtathletik-Wettkämpfe besuchen. Daneben gibt es ein prall gefülltes Programm: Gespräche mit Persönlichkeiten aus Politik und Sport, etwa im Deutschen Haus. Es gibt Workshops und Diskussionsrunden zu aktuellen Themen, aber auch ein tolles kulturelles Programm. So werden wir hoch zur berühmten Christusstatue auf dem Berg „Corcovado“ fahren. Somit ist es kein Strandurlaub! Morgens geht es früh raus, und abends sind wir dann gegen 23 Uhr wieder in unseren Apartments. Diese Strapazen nimmt man aber gerne in Kauf! Wir werden eine intensive Zeit, ein neues Land und eine neue Kultur erleben.

Worauf freuen Sie sich besonders?

Ich freue mich, dass wir das Paralympische Dorf besuchen. 4.000 Sportler leben als große Gemeinschaft in diesem Dorf. Das Dorf ist während der Paralympischen Spiele nicht öffentlich zugänglich, wodurch der Besuch noch spannender wird. Wir werden die Sportler bei ihrem täglichen Training beobachten können und mit ihnen wahrscheinlich auch sprechen. Die Wettkämpfe an sich werden natürlich auch spannend!

Verfolgen Sie das Geschehen im Behindertensport?

Ja, auf jeden Fall. Wir haben im Olympiastützpunkt Westfalen/Bochum, beim TV Wattenscheid 01, einige erfolgreiche Athleten; darunter sogar einige Weltmeister! Leider wird der Behindertensport in der Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen. Man sollte sich die Leistungen der Sportler mit Handicap mal genau anschauen. Man wird schnell merken, dass diese Leistungen herausragend und die Wettkämpfe spannend sind.

Was wünschen Sie sich für die Paralympics in Rio?

Ich denke an die Spiele in London vor vier Jahren. Die waren ein echter Meilenstein in der Geschichte der Paralympics: Die Spiele dort waren den Olympischen Spielen gleichwertig, was Organisation, Abläufe, mediale Darstellung und öffentliche Aufmerksamkeit anging. Das war wirklich einzigartig. Ich wünsche mir, dass man in Rio diesem Vorbild nacheifert und es ähnlich gut wird.

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