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2:20-Barriere durchbrochen!

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Irina Mikitenko hat beim Berlin-Marathon als erste deutsche Frau die 2:20-Stunden-Barriere durchbrochen. Neben einem deutschen Rekord war dies auch ein Altersklassen-Weltrekord für über 35-Jährige: Hier hielt bisher Lyudmila Petrova (Russland) die Bestmarke mit 2:21:29, die sie 2006 in London gelaufen war. Irina Mikitenko vom TV Wattenscheid ist nun im Alter von 36 die viertschnellste Marathonläuferin aller Zeiten und hat die siebtschnellste Zeit aller Zeiten erreicht.

Irina Mikitenko und Haile Gebrselassie haben mit fantastischen Leistungen die 35. Auflage des Berlin-Marathons gewonnen. Vorangetrieben von den begeisterten Zuschauern wurde Irina Mikitenko in Berlin überraschend zur viertschnellsten Marathonläuferin aller Zeiten. Die 36-Jährige stürmte in 2:19:19 Stunden ins Ziel und schaffte es als erste Deutsche, die 2:20-Stunden-Barriere zu durchbrechen. Vor einem Millionenpublikum brach der Äthiopier seinen eigenen, im vergangenen Jahr in der deutschen Hauptstadt aufgestellten Weltrekord um 27 Sekunden und verbesserte die Marke auf 2:03:59.

Als neunte Läuferin in der Leichtathletik-Geschichte blieb Irina Mikitenko unter 2:20 Stunden. Ihre Zeit ist zugleich eine Jahresweltbestzeit und die siebtbeste Zeit aller Zeiten. Lediglich Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien), die Kenianerin Catherine Ndereba und Mizuki Noguchi sind bisher noch schneller gelaufen als Irina Mikitenko. Um ein Haar hätte Irina Mikitenko, die auf den olympischen Marathon aufgrund eines Rückenproblems hatte verzichten müssen, in Berlin auch noch den Streckenrekord der japanischen Olympiasiegerin von Athen 2004, Mizuki Noguchi, gebrochen. Sie war 2005 2:19:12 Stunden gelaufen. Mikitenkos Zeit ist die zweitbeste einer Frau in der Geschichte der Veranstaltung.

Zählt man die Resultate von Gebrselassie und Mikitenko in Berlin zusammen, kommt eine Zeit von 4:23:18 Stunden heraus. In dieser Hinsicht war nur ein Rennen jemals besser als der Berlin-Marathon: In Chicago waren die Sieger 2002 insgesamt 4:23:14 gelaufen (Khannouchi 2:05:56 plus Radcliffe 2:17:18).

Beim größten und spektakulärsten deutschen Marathon beteiligte sich die Rekordzahl von 40.827 Läufern aus 107 Nationen. 35.913 Läufer erreichten das Ziel – so viele wie nie zuvor in Berlin. Ideal waren einmal mehr die Wetterbedingungen in Berlin mit Temperaturen zwischen 12 und 16° Celsius sowie Sonnenschein. Der Wind war längst nicht so stark wie an den Tagen zuvor vorhergesagt. Bei den hervorragenden Bedingungen rannten unter anderen die ersten beiden Männer und die Top-Drei-Frauen jeweils persönliche Bestzeiten, teilweise verbesserten sie diese Marke um mehrere Minuten.

„Ich kann das noch gar nicht realisieren“, sagte eine überglückliche Irina Mikitenko im Ziel. Die Uhr zeigte 2:19:19 Stunden, als die 1,58 Meter große Langstrecklerin in ihrem dritten Marathon als erste Deutsche nach Uta Pippig vor 13 Jahren diesen Marathon-Klassiker gewann. Irina Mikitenko war das Harakiri-Tempo der Spitzengruppe am Anfang des Rennens nicht mitgegangen. Nach 32:49 Minuten waren Askale Tafa Magarsa, Shuru Deriba (beide Äthiopien) sowie die beiden Kenianerinnen Helena Kirop und Rose Cheruiyot am Kilometerpunkt 10. Das lief auf ein Endzeit von 2:18:30 hinaus – schneller war bisher nur Paula Radcliffe. Doch auch Irina Mikitenko war mit 33:11 als Vierte an diesem Punkt schon sehr schnell unterwegs – damit war sie auf dem Weg zu einem Ergebnis um 2:20 Stunden.

Irina Mikitenkos Mann und Trainer Alexander, der auf dem Fahrrad das Rennen beobachtete, war immer wieder bemüht, seine Frau etwas zu bremsen. Das gelang ihm teilweise. Als die inzwischen nur noch zweiköpfige Spitzengruppe – Magarsa und Kirop – nach 69:37 Minuten den Halbmarathonpunkt erreichte, lag Mikitenko mit 70:05 Minuten 28 Sekunden zurück, doch die Spitze war nicht außer Reichweite. Und während die 36-jährige Deutsche, die in Berlin 80.000 Euro verdiente, ihr Tempo beibehielt, kamen ihr zunächst Kirop und schließlich auch Magarsa von vorne praktisch entgegen, denn erwartungsgemäß wurden sie etwas langsamer.

Nach der 25-km-Marke kam Irina Mikitenko immer näher an die inzwischen alleine führende Äthiopierin Magarsa heran und holte sie bald danach ein. Einige Kilometer lief sie einen Meter hinter ihr, dann ging sie vorbei und löste sich schnell entscheidend von der erwartungsgemäß stärksten Konkurrentin. In der Endphase des Rennens konnte Irina Mikitenko noch einmal zulegen und kam somit auf 2:19:19 Stunden. Damit steigerte sie sich um fast fünf Minuten. Askale Magarsa lief erstklassige 2:21:31 Stunden als Zweite und verbesserte sich damit ebenfalls deutlich. Dritte wurde Helena Kirop mit 2.25:01.

Berlin und Irina Mikitenko - das passt einfach. Es ist wirklich super gelaufen, meinte die Wattenscheiderin nach ihrem Sieg beim 35. Berlin-Marathon. Und ganz besonders hat sich die Inhaberin des alten und auch des neuen Deutschen Rekords (2:19:19 Std.) über die Unterstützung der Zuschauer gefreut: „Das war ein super Publikum. Die Anfeuerung war noch besser als im letzten Jahr. Wenn das im nächsten Jahr bei der Weltmeisterschaft genauso klappt, dann muss ich ja gar nichts mehr machen. Nur noch etwas die Beine bewegen.“

Bei ihrem dritten Marathonrennen hat die Frau vom TV 01 die Beine so schnell bewegt, dass ihr Trainer und Ehemann ständig in Sorge war, Irina könnte es übertreiben. Alexander Mikitenko, der die 42,195 Kilometer auf dem Fahrrad abfuhr, musste seine Frau immer wieder bremsen. „Das hat gar nicht aufgehört“, lacht Irina Mikitenko, „noch bei Kilometer 37 oder 38 hat er gerufen: Noch nicht! Aber ich habe mich gut gefühlt.“ „Sie hat nicht ganz auf mich gehört“, meint der coachende Ehemann, der natürlich hochzufrieden ist, „es war ein optimales Rennen, alles hat gepasst. Die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele war nicht umsonst.“

Für Irina Mikitenko war es der siebte Sieg im siebten Rennen 2008, und sicherlich der unvergesslichste: „Jede Marathonläuferin träumt doch davon, mal unter 2:20 Stunden zu laufen. Ich habe es gemacht. Aber natürlich kann auch ein solcher Erfolg eine Olympische Medaille nicht ersetzen.“ Dass der 28. September 2008 in sportlicher Hinsicht einer der schönsten Tage ihres Lebens war, steht für Irina Mikitenko unzweifelhaft fest. Und jetzt? „Jetzt brauche ich erst einmal Zeit zum Regenerieren“, lacht die 36-Jährige.

TV 01-Vorstand Michael Huke wurde von der Nachricht bei der Feier zum 75. Geburtstag des ehemaligen Langstrecklers Gustav Disse überrascht: „Es verschlägt mir die Sprache. Das ist der Wahnsinn, irre. Damit hat Irina unterstrichen, dass sie in Peking eine Medaillenkandidatin gewesen wäre. Für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Berlin ist sie auf jeden Fall bei völliger Gesundheit eine der Favoritinnen.“

Vom „hellen Wahnsinn“ sprach Tono Kirschbaum, der Chefcoach des TV Wattenscheid 01: „Im Prinzip ist ja alles unter 2:25 Stunden eine Welt für sich. Das ist eine Zeit, mit der sie auch bei den Männern mitlaufen könnte. Und den einen oder anderen Marathon könnte sie da sogar gewinnen.“

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